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Antrag zur Sicherungsverwahrung


Die Sicherungsverwahrung ist ein umstrittenes Thema. Wird hier der Rechtsstaat umgangen? Oder werden die Menschen nicht ausreichend vor GewalttäterInnen beschützt?

Die Sicherungsverwahrung ist laut Gesetz keine Strafe, sondern eine Maßregel, die zum Schutz der Bevölkerung in besonderen Fällen verhängt werden kann. Doch diese Unterscheidung ist oft schwierig zu treffen. Das Fachforum Demokratie und Antirassismus hat sich auf der Sommerakademie mit dem Thema befasst. Florian und Helena haben diesen Antragsentwurf für den kommenden BuKo geschrieben, der nun fleißig diskutiert und verändert werden darf.

Für kleine Änderungen ändert einfach den Text. Für Grundlegendes solltet ihr eine neue Variante anlegen


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Versionen


  • 1 In einem Rechtsstaat kann eine Bestrafung nur durch die
    2 Schuld an einem begangenen Unrecht gerechtfertigt werden.
    3 Dieses Prinzip der Tatschuld ist in Deutschland in der
    4 Verfassung festgeschrieben. Demnach sind Präventivstrafen
    5 nicht zulässig. Die Gefährlichkeit und die Schuld eines
    6 Straftäter stimmen jedoch nicht immer überein. Was tun mit
    7 einem Täter, dessen Strafe beendet ist, von dem aber
    8 vermutet wird, dass er weiter eine Gefahr für andere
    9 darstellt? Die Sicherungsverwahrung als Maßregel, welche im
    10 eigentlichen Sinne keine Strafe ist, wurde für diese Fälle
    11 geschaffen.
    12
    13 Zu einer realistischen Einschätzung der
    14 Sicherungsverwahrung gehört auch, dass sie keine "absolute
    15 Sicherheit" bietet. Die Möglichkeit einer solche absoluten
    16 Sicherheit ist eine gesellschaftliche Illusion, welcher
    17 aufklärend begegnet werden muss. Es wird immer Menschen
    18 geben, die grausame Verbrechen begehen. Kriminalität kann
    19 durch Strafandrohung nicht verhindert werden. Maßnahmen,
    20 die eine absolute Sicherheit zum Ziel haben, führen oft in
    21 die Richtung eines totalitären Staates. Diesen lehnen wir
    22 entschieden ab.
    23
    24 Es besteht jedoch ein nicht aufzulösender Widerspruch
    25 zwischen dem Grundrecht auf Freiheit des Einzelnen und der
    26 Schutzpflicht des Staates gegenüber der Allgemeinheit.
    27 Keines der beiden hat automatisch Vorrang. Es bedarf einer
    28 sehr sorgfältigen Abwägung. Ein solch starker Eingriff in
    29 die Freiheitsrechte wie die Sicherungsverwahrung muss sehr
    30 gut begründet werden. Eine leichtfertige Anordnung der
    31 Sicherungsverwahrung, welche zu einer hohen Zahl
    32 eingesperrter Menschen führt,die nicht wegen einer
    33 Verurteilung für eine begangene Tat ein sitzen, kann nicht
    34 gerechtfertigt werden. Die Sicherungsverwahrung muss eine
    35 Ultima Ratio sein.
    36

  • 1 In letzter Zeit ist ein besorgniserregender Anstieg bei der
    2 Zahl der Anordnungen der Sicherungsverwahrung zu
    3 beobachten. Die Ausführung der Sicherungsverwahrung
    4 unterscheidet sich nur minimal von einer normalen
    5 Gefängnisstrafe, weshalb sie auch von den Betroffenen als
    6 solche wahrgenommen wird. Zudem sind die Therapieangebote
    7 oft nur unzureichend und setzen meistens erst in der
    8 Verwahrung ein und nicht bereits während der Haftstrafe,
    9 was ihre Wirkung verbessern würde. Vollzugslockerungen als
    10 Vorbereitung auf die Entlassung sind äußerst selten, da die
    11 Verantwortlichen keine Risiken eingehen wollen.
    12

  • 1 Im Gegensatz zu dem weit verbreitenden Glauben in
    2 Sicherungsverwahrung befänden sich nur GewalttäterInnen,
    3 sind zur Zeit bis zu einem Fünftel der Sicherungsverwahrten
    4 aufgrund von gewaltlosen Delikten eingesperrt. Als Folge
    5 der oben aufgeführten grundsätzlichen Überlegungen sind wir
    6 der Überzeugung, dass die Sicherungsverwahrung nur bei
    7 Straftaten gegen Leib und Leben oder die sexuelle
    8 Selbstbestimmung angeordnet werden darf, keinesfalls aber
    9 bei gewaltlosen Straftaten. Wir fordern daher die sofortige
    10 Entlassung aller Sicherungsverwahrten, welche wegen
    11 gewaltloser Straftaten (z.B. Vermögens- oder
    12 Betäubungsmitteldelikten) verurteilt wurden.
    13

  • 1 Es ist, auch nach dem Urteil des
    2 Bundesverfassungsgerichtes, mit der Menschenwürde nicht zu
    3 vereinbaren einen Menschen ohne die realistische Chance auf
    4 Wiedererlangung der Freiheit dauerhaft einzusperren. Dies
    5 kommt einem Urteil zum Tod hinter Gittern gleich.
    6
    7 Die Ausführung der Sicherungsverwahrung muss daher immer
    8 das Ziel der Entlassung der Betroffenen vor Augen haben. Um
    9 sowohl der Gesellschaft als auch dem Sicherungsverwahrten
    10 den Unterschied zu einer Strafe zu verdeutlichen, muss sich
    11 die Sicherungsverwahrung deutlich von einer Gefängnisstrafe
    12 unterscheiden. Wir plädieren daher für eine Unterbringung
    13 der Betroffenen in sozialtherapeutischen Einrichtungen.
    14 In diesen muss ihnen die Möglichkeit einer individuellen
    15 Therapie mit dem Ziel einer Entlassung geboten werden. Dies
    16 schließt Vollzugslockerungen, sobald diese nach Ansicht der
    17 Therapeuten zu verantworten sind, ausdrücklich ein.
    18 Resozialisation ist immer noch das effektivste Mittel zur
    19 Vermeidung von Gefährlichkeit. Die derzeitige Form der
    20 Sicherungsverwahrung hat möglicherweise sogar Menschen
    21 gefährlich gemacht, die es sonst nicht gewesen wären.
    22 Zudem ist durch Resozialisation der Schutz der Bevölkerung
    23 besser gewährleistet, wenn Sicherungsverwahrte, wie nach
    24 dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes für
    25 Menschenrechte 2010, entlassen werden müssen. Denn eine
    26 lebenslange Bewachung rund um die Uhr aller Betroffenen ist
    27 unrealistisch.
    28

  • 1 Die Möglichkeit der Unterbringung in einer solchen
    2 sozialtherapeutischen Einrichtung sollte mit dem Urteil
    3 ausgesprochen werden. Dies muss dann zwingend zu dem
    4 Angebot einer Therapie bereits während des Strafvollzugs
    5 führen. In regelmäßigen Abständen sollte in einem Gutachten
    6 überprüft werden, ob eine weiter stationäre Unterbringung
    7 nötig ist. Dabei sollte auch der Staat in der Pflicht
    8 stehen nachzuweisen, dass er dem Betroffenen ausreichende
    9 Therapieangebote gemacht wurden. Die Gesellschaft ist in
    10 der Pflicht den Sicherungsverwahrten gute
    11 Therapiemöglichkeiten zu bieten, dafür dürfen
    12 Kostengesichtspunkte keine Rolle spielen. Es wird immer
    13 eine schwierige Entscheidung sein, ob eine Entlassung aus
    14 der Einrichtung zu verantworten ist. Nach der Entlassung
    15 dürfen die Betroffenen nicht alleine gelassen werden,
    16 sondern sollten möglichst in ambulanten Nachsorgestationen
    17 betreut werden. Dies würde das Rückfallrisiko reduzieren.
    18 Eine komplett gesicherte Prognose wird nie möglich sein und
    19 kann von niemandem verlangt werden. So schwierig es auch
    20 sein mag, aber die Folgerung daraus kann in einer
    21 freiheitlichen Gesellschaft, wie zu Beginn beschrieben,
    22 nicht sein alle Betroffenen für immer einzusperren. Das
    23 Risiko der prognostischen Unsicherheit darf deshalb nicht
    24 alleine auf die Personen, welche die Gutachten erstellen,
    25 abgeschoben werden. Die Gesellschaft muss erkennen, dass
    26 ein gewisses Restrisiko bleibt.
    27
    28 Die beste Form des Opferschutzes ist die Prävention. Hier
    29 wird auf unverantwortliche Weise geschlampt. So gibt es z.
    30 B. bundesweit nur ein Verhaltenstherapieangebot in Berlin,
    31 für Menschen mit pädophilen Neigungen, die aber noch nicht
    32 straffällig geworden sind. Dies ist ein Skandal. Diesen
    33 Menschen muss geholfen werde, bevor Personen zu Schaden
    34 kommen.
    35

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